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Ein schwieriger Sommer nach einer erfolgreichen WM: Andrea Rothfuss startet mit ungewissen Vorzeichen, aber großer Motivation in die neue Saison. Para Ski alpin-Bundestrainer Justus Wolf sieht den Fokus auf dem Gesamtweltcup.

Silber im Super-G sowie Bronze im Riesenslalom und Slalom: Drei Podestplätze bei den Weltmeisterschaften im spanischen Espot Ende März schraubten das Konto der 34-Jährigen auf insgesamt 31 WM-Medaillen hoch und nährten die Motivation, die einzigartige Reise bis zu den Winterspielen 2026 fortzuführen. Paralympics-Debüt mit 16 in Turin, Karriereende mit 36 in Mailand und Cortina d’Ampezzo bei der sechsten Teilnahme an den Spielen – Italien zu Beginn und zum Schluss. Das wäre eine runde Sache.
 
So verflixt wie dieses Jahr war jedoch bisher kaum eins in der Karriere der Athletin vom SV Mitteltal-Obertal, die sich in Stuttgart heimisch fühlt und dort auch nicht weg möchte. Schon bei der WM Ende Januar war die gebürtige Freudenstädterin angeschlagen, „danach war ich alle 5-6 Wochen bis August krank, bis wir in Rücksprache mit den Ärzten entschieden haben, mich mal ganz herauszunehmen.“ Die längere Pause tat Rothfuss gut, sorgt aber dafür, dass sie jetzt zum Weltcup-Auftakt ab Donnerstag in St. Moritz (Schweiz) bei den Speed-Rennen nicht dabei ist, sondern im Kaunertal (Österreich) im Slalom und Riesenslalom bei den Liechtensteiner Meisterschaften Rennpraxis sammeln wird.
 
Das hätte eigentlich schon Ende November passieren sollen, doch aufgrund der großen Schneemengen wurden alle Rennen im österreichischen Resterhöhe und im Pitztal abgesagt. „Ein bisschen Ausfall ist normal zu dieser Jahreszeit, aber dass so viel abgesagt werden muss, habe ich in meiner Karriere auch noch nicht erlebt“, sagt die Paralympicssiegerin im Slalom von 2014, die dem Paralympicskader (PAK) des Deutschen Behindertensportverbandes angehört, und erklärt das tägliche Prozedere: „Ich bin da relativ entspannt und schon lange dabei. Man guckt aus dem Fenster oder sieht den Wetterbericht, dann kann man sich das ausmalen. Das Doofe ist tatsächlich, dass du früh aufstehst, dich fertig machst und dann warten musst, bis es wieder abgesagt ist. Ich versuche da das Beste aus der Situation zu machen und bei mir zu bleiben. Aber es nervt mich schon, ich bin ja zum Rennen fahren da. Und ich möchte mal wieder auf dem Ski stehen, wenn es zählt, um auch zu wissen, wo ich im Vergleich zu den anderen stehe.“
 
Neue Reize und ein Monat in Innsbruck zur besseren Vorbereitung
 
Statt Rennmodus hieß es jedoch viel frei Skifahren und „nicht durch die Stangen wie geplant“. Mit teilweise mehr als einem halben Meter Neuschnee blieb aber immerhin der Spaßfaktor nicht auf der Strecke, wie etliche Videos in den sozialen Medien zeigen. Ob der Rollstuhl zum Schneepflug umfunktioniert wurde oder die Team-Autos vor dem Freischaufeln erst gesucht werden mussten – die Stimmung passte. „Alle im Team verstehen sich sehr gut, wir pushen uns gegenseitig“, schwärmt Rothfuss, die sich mit Freundin und Zimmerkollegin Anna-Lena Forster jüngst auch einen Monat in Innsbruck einquartiert hatte, um dort kürzere Wege und bessere Trainingsbedingungen zu haben. Mit Luisa Grube, Leander Kress und Christoph Glötzner wohnen bereits drei Teammitglieder dort, sodass der Zusammenhalt in Österreich weiter wachsen konnte: „Die Reisen aus Stuttgart an die Gletscher in Tirol sind schon immer ein Stressfaktor, das wollten wir damit minimieren.“
 
Mit der neuen Co-Trainerin Monica Hübner, die früher selbst im Weltcup gefahren ist, wurden seit Oktober noch mal neue Reize gesetzt. „Es ist viel neuer Input von der Technikseite her und unser Ziel in diesem Übergangsjahr ist es, das zu verfestigen, um im kommenden Jahr Ergebnisse bei den Großereignissen einfahren zu können. Das ist ungewohnt und strengt an, wenn man eigene Muster hinterfragt und durchbrechen muss“, sagt Rothfuss, die neuerdings auch im FIS-Athletengremium die Interessen der Para Sportler*innen vertritt, „aber es ist auf jeden Fall sehr cool, weil alle Trainer da eigene Ansätze haben und ich hoffe, dass sich das auch in den Rennen widerspiegeln wird.“
 
Der Fokus liegt in dieser Saison auf dem Gesamtweltcup
 
Bundestrainer Justus Wolf stellt in der Saison ohne Großereignis den Gesamtweltcup in den Vordergrund. Konstant gute Ergebnisse seien das Ziel für sein Team um die vielfache Monoski-Paralympicssiegerin Anna-Lena Forster, Rothfuss, Abfahrts-Weltmeisterin Anna-Maria Rieder, die beiden einbeinigen Skifahrer Leander Kress und Christoph Glötzner sowie Newcomer Alexander Rauen – „und dass es die ein oder der andere schafft, an die persönliche Leistungsgrenze zu gehen. Schließlich ist alles auch Vorbereitung auf die WM-Saison 2025 und die Paralympics-Saison 2026.“ Rothfuss ist nun auf jeden Fall „heiß darauf, Rennen zu fahren und schwarz auf weiß die Quittung präsentiert zu bekommen“, wie das Training aus dem Herbst anschlägt, „wenn Druck dabei ist und du es perfekt hinbekommen willst.“
 
Bei der zweiten Weltcup-Station vom 19. bis 22. Dezember im österreichischen Steinach am Brenner will sie dann in den geplanten Riesenslalom- und Super-G-Rennen ihren Saisoneinstand im Weltcup geben. Und die Paralympics in Mailand und Cortina d’Ampezzo sind stets im Hinterkopf? Rothfuss lacht. „Dass alle immer so scharf drauf sind, zu wissen, ob ich weitermache“, sagt sie und fügt dann etwas ernster hinzu: „Ich plane schon, bis 2026 weiterzumachen. Aber nach dem schwierigen Sommer bin ich realistisch und muss gucken, was jetzt tatsächlich herauskommt. Das wird eine interessante Überraschungskiste.“
 
Text: Nico Feißt / DBS

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