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Johannes Floors ist nach dem Weltrekord über 400 Meter Doppel-Weltmeister, Weitsprung-Weltrekordhalter Léon Schäfer gewinnt auch über 100 Meter Silber

Prothesensprinter Johannes Floors hält eine Fahne hoch | Foto: Binh Truong / DBSDubai, 15. November 2019. Johannes Floors ist mit seinem zweiten Weltrekord bei der Para Leichtathletik-Weltmeisterschaft der König der Prothesensprinter: Mit exakt einer Sekunde verbessert er seinen eigenen Weltrekord über 400 Meter und holt sein zweites Gold. Léon Schäfer sprintet über 100 Meter zu Silber und kann sich nicht so richtig freuen. Mathias Schulze wird Fünfter im Kugelstoßen und WM-Debütant Felix Krüsemann läuft zu Platz acht über 1500 Meter. Mit elf Medaillen und 13 Quotenplätzen für die Paralympics 2020 in Tokio (Japan) zieht Bundestrainerin Marion Peters eine WM-Bilanz mit gemischten Gefühlen, die durch das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat gefördert wurde.
Johannes Floors war ins Ziel gesprintet und hatte die Arme hochgerissen: 45,78 Sekunden hatte die Uhr für ihn angezeigt – Gold über 400 Meter, das war schon angesichts der Vorleistungen der Konkurrenten in der Klasse T62 fast klar. Doch die Zeit war für ihn wichtig, seinen Weltrekord, den das Internationale Paralympische Komitee nach einem Jahr mit der neuen Höhenregelung für beidseitig unterschenkelamputierte Sprinter als Rekordmarke festgelegt hatte, verbesserte er um exakt eine Sekunde: „Nach 250 Metern kam der Hammer, dann galt es, zu kämpfen und zu beißen. Irgendwann hat der Stadionsprecher runtergezählt: 3, 2, 1… Ich konnte es gar nicht einordnen, aber so viel Zeit blieb mir noch. Es war ein geiles Gefühl, ins Ziel zu kommen und die fünf vor dem Komma zu sehen.“
Der Doppel-Weltmeister besitzt nun auch die Weltrekorde über beide paralympischen Strecken: Die 100 und 400 Meter. Auch wenn der 24-Jährige sich dieses Jahr auf die 100 Meter konzentriert hatte, die er in 10,54 Sekunden gewinnen konnte, habe er „die ganzen Jahre lang nur Kilometer geschrubbt für die 400 Meter. Diese Ausdauer darf man nicht vergessen und heute war viel Wille dabei. Es ist ein geiles Gefühl zu wissen, du bist der Schnellste – auf keinem Bein, auf einem Bein.“
Einen Start bei Olympischen Spielen schloss Floors aber aus: „Aktuell haben meine eigenen Zeiten noch Vorrang und die Paralympischen Spiele, weil wir da andere Werte vertreten und mit denen bin ich auch in den Sport gekommen und vertrete die auch“, sagte der Leverkusener, der aber einen Traum verriet: „Das heute war noch nicht das Ende, von einer 44er-Zeit träumt jeder 400-Meter-Sprinter und es ist nicht vermessen zu sagen, ich wünsche mir die auch.“
Floors Leverkusener Teamkollege Léon Schäfer startete stark über 100 Meter der Klasse T63, wurde aber auf der Ziellinie noch abgefangen und verpasste Gold um zwei Hundertstel. 12,34 Sekunden bei windstillen Verhältnissen bedeuteten Silber, Gold ging an den Dänen Daniel Wagner, Bronze an Weltrekordhalter Vinicius Goncalves Rodrigues. „Ich habe ein sehr, sehr gutes Rennen gemacht und war bis 75, 80 Meter vorne vom Gefühl her, ich bin gut aus dem Block gekommen und kann nicht so richtig sagen, woran es gelegen hat, dass der Däne mich noch geholt hat, das hat mich ein bisschen geärgert“, sagte der Weitsprung-Weltrekordhalter, der in seiner Paradedisziplin schon Gold geholt hatte: „Aber dennoch bin ich mega happy mit meinen Ergebnissen bei der WM.“
Nachdem der 22-Jährige im vergangenen Jahr die EM in Berlin verpasst hatte, war er diese Saison verletzungsfrei geblieben – und richtete mit Blick auf die Paralympics in Tokio im kommenden Jahr direkt eine Kampfansage an die Konkurrenz: „Wenn ich offen und ehrlich bin und durch das Jahr noch mal so durchkomme, dann gibt es im Weitsprung und auch im Sprint keine Chance mehr für die anderen.“
Mathias Schulze war im vergangenen Jahr Europameister geworden und hatte 2017 Silber gewonnen, doch in Dubai stieß der 36-Jährige zwar mit 15,26 Metern im letzten Versuch Saisonbestweite, doch das reichte nur für Rang fünf in der Klasse F46. Damit fehlten 28 Zentimeter zu Bronze und 17 Zentimeter zum vierten Platz, der einen Tokio-Slot bedeutet hätte. „Da war mehr drin“, sagte der Athlet vom BPRSV Cottbus und ärgerte sich: „Der Türke hat irgendwann behauptet, meine Kugel wäre nicht richtig und ich müsste disqualifiziert werden. Ich brauche diese Wut, aber das macht man einfach nicht.“
Felix Krüsemann von der RSV Eintracht Berlin hatte im vergangenen Jahr mit seinem internationalen Debüt bei der Heim-EM in Berlin für Aufsehen gesorgt, als er mit einem couragierten Lauf Bronze über 1500 Meter gewann. Dementsprechend hatte er sich auch bei seiner ersten Weltmeisterschaft einiges vorgenommen und wurde mit einer deutlichen persönlichen Bestzeit von 4:14,70 Minuten Achter in der Klasse T38. Im Ziel brach er dennoch in Tränen aus. „Ich habe mich so gut gefühlt im Vorfeld, aber mit dem Startschuss habe ich keine Spannung mehr gehabt, mich nicht mehr locker gefühlt und bin verkrampft“, sagte der 18-Jährige, den auch die Bestzeit anfangs nicht trösten konnte: „Ich habe mich nicht gefühlt, als würde ich bei einer Weltmeisterschaft laufen, deshalb hätte ich gerne einen Vorlauf gehabt. Ich wollte viel schneller laufen, aber 600 Meter vor Schluss waren alle weg.“
Mit insgesamt elf Medaillen – sieben Mal Gold durch die Doppel-Weltmeister Irmgard Bensusan und Johannes Floors, Léon Schäfer, Markus Rehm und Birgit Kober, zwei Mal Silber durch Niko Kappel und Schäfer und zwei Mal Bronze durch Felix Streng und Ali Lacin – blieb das deutsche Team hinter den Errungenschaften der vergangenen Weltmeisterschaften von Doha 2015 und London 2017 zurück, als es 24 beziehungsweise 22 Medaillen gegeben hatte. „Das ist aber mit Vorsicht zu genießen, damals gab es viel mehr Wettbewerbe und deutlich weniger Athleten“, erklärte Bundestrainerin Marion Peters, die zudem anmerkte, dass auch das russische Team wieder dabei gewesen sei, das 41 Medaillen abgriff: „Insgesamt ist die Professionalisierung vorangeschritten. Medaillen, die man früher sicher einplanen konnte, gibt es nicht mehr, wir hatten viele Weltrekorde und Wettkämpfe auf einem hohen Niveau.“
Ähnlich wichtig wie Medaillen waren dieses Mal vierte Plätze, weil sie einen direkten Quotenplatz für die Paralympics in Tokio bedeuteten: Insgesamt 13 gab es für das deutsche Team, neben den Medaillengewinnern für die viertplatzierten Denis Schmitz, Juliane Mogge, Katrin Müller-Rottgardt, Francés Herrmann und Sebastian Dietz. Alle anderen haben bis 31. März 2020 die Möglichkeit, sich im Zwölf-Monats-Ranking der Weltrangliste unter den ersten Sechs zu positionieren und so weitere Slots zu erkämpfen. „Positiv ist, dass fast alle Trümpfe gestochen haben. Wenn ein erhoffter Slot ausgefallen ist, haben wir auch wieder überraschende dazu bekommen, das hält sich die Waage. Schmerzhaft ist jedoch, dass uns hier sechs Leute gefehlt haben, die für einen Slot gut gewesen wären“, erklärt Bundestrainerin Marion Peters: „Wir haben Weltklasse-Athleten wie Markus Rehm, Johannes Floors, Léon Schäfer und Irmgard Bensusan, die Strahlkraft auf die ganze Mannschaft haben. Man kann nur Weltklasse sein, wenn man diese Athleten an einem Stützpunkt sammelt, an dem die Bedingungen optimal sind, Trainer die Athleten in zwei Einheiten am Tag trainieren und die Versorgung auch vor Ort ist, wie es zum Beispiel in Leverkusen der Fall ist. Zudem haben unsere jungen Athleten bewiesen, dass sie zurecht hier dabei waren und in Richtung Paris 2024 wichtige Erfahrungen sammeln konnten.“

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