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Große Freude im deutschen Para Dressursport-Team: Die Mannschaft um Bundestrainer Bernhard Fliegl blieb bei den Weltmeisterschaften im dänischen Herning zwar ohne Medaille, konnte mit der Qualifikation für die Paralympics aber ihr anvisiertes Ziel erreichen. Mit Platz sechs sicherten sich die deutschen Reiterinnen die direkte Teilnahme an den Spielen 2024 in Paris. Dazu kamen zahlreiche vordere Einzel-Platzierungen der neu zusammengesetzten Equipe.

„Gratulation an unsere Reiterinnen. Unser Ziel war es, das Ticket für die Paralympics in Paris zu lösen, das haben sie mit guten Mannschaftsleistungen fantastisch hinbekommen“, zog Nico Hörmann ein zufriedenes Fazit, der als Nachfolger von Britta Bando erstmals als Equipe-Chef die deutsche Delegation begleitete.Dabei waren die Voraussetzungen alles andere als einfach und die Erfolgs-Aussichten vor der WM schwer vorhersehbar. Das Team befindet sich seit den Paralympics in Tokio im vergangenen Jahr im Umbruch. „Wir hatten zwei Debütantinnen am Start, die das bei ihrem ersten Championat sehr souverän gemacht haben, dazu zwei alte Hasen, die Rückhalt, Sicherung und ihre Erfahrung weitergegeben haben. Das war ein guter Mix“, fand Hörmann, der diese WM als Zwischenstation sieht. „Man erkennt, wohin die Reise geht. Ziel ist es, in Paris wieder auf dem Treppchen zu stehen.“

Im Mannschafts-Wettbewerb hatte Anna-Lena Niehues in Grade IV mit ihrer neunjährigen Westfalenstute Quimbaya als erste Reiterin vorgelegt. Die 37-jährige Gronauerin, die bei ihrer ersten deutschen Meisterschaft in diesem Jahr auf Anhieb den Titel in der Kür gewann, bewies auch bei ihrer Championats-Premiere in der BB Horse Arena in Herning Nervenstärke. Nach Rang sechs (71,65 Prozent) in der Einzelwertung zum Auftakt der Weltmeisterschaften verbesserte sie sich im Teamwettkampf auf glatte 74 Prozent. Das bedeutete Rang vier innerhalb ihres Grades. „Das war ganz spannend für mich, in eine solche Arena zu reiten und bei der WM überhaupt dabei zu sein“, betonte Niehues und freute sich über ihre Leistungssteigerung.

In Grade II machte aus deutscher Sicht Gianna Regenbrecht mit dem Oldenburger Rapphengst Fürst Sinclair den Anfang. Nach Rang sechs und 71,061 Prozent im Einzel gelang auch ihr eine Steigerung in der Teamentscheidung – die Münsteranerin steuerte 72,029 Prozent zum Mannschaftsresultat bei. „Das Gefühl hier zu reiten, ist unbeschreiblich“, sagte Regenbrecht. „Ich habe auf jeden Fall mehr riskiert. Er (Fürst Sinclair) hat einen wahnsinnig großen Schritt, das sieht bombastisch aus, aber den muss man erstmal reiten, und das ist ein wahnsinnig schmaler Grat. Heute ist mir genau dieser schmale Grat gelungen. Es hat alles so funktioniert, wie ich es mir vorgenommen habe.“

Zufriedener mit ihrem Ergebnis im Vergleich zur Einzelwertung war auch Heidemarie Dresing (Rheda-Wiedenbrück), die mit ihrer Hannoveraner Stute La Boum in Tokio zweimal Vierte geworden war. Vor allem zahlte sich aus, dass sie frischer ritt und etwas mehr riskierte als bei ihrem ersten Auftritt. Im Einzel blieb sie mit 70,970 Prozent noch deutlich hinter ihren Erwartungen. „Auf dem Vorbereitungsplatz war sehr viel Unruhe, so dass La Boum immer wieder geführt werden musste und ich zuerst gar nicht zum Reiten kam“, erklärte sie. Bei ihrem zweiten Auftritt lief es dann besser. „Ich hatte zwei kleine Fehler drin, aber es war schon eine Steigerung. Mein Pferd hat mir zugehört, war nicht abgelenkt, das war schon zum Genießen“, sagte Dresing, die für ihren Ritt 73,059 Prozent bekam.

Den Schlusspunkt setzte Regine Mispelkamp in Grade V auf ihrem Dunkelfuchs Highlander Delight’s, die sich nach ihrem enttäuschten fünften Einzel-Platz im Teamentscheid mit guten 74,214 Prozent zurückmeldete. „Ich hatte ein tolles Gefühl“, beschrieb Mispelkamp ihren Ritt. „Schon als ich ins Viereck geritten bin, merkte ich, dass es geht.“ Dass sie zuvor im Einzel nicht über 71,954 Prozent hinauskam, ärgerte die Bronze-Medaillengewinnerin von Tokio in der Kür allerdings ein wenig. Beim Umrunden des Vierecks war Highlander’s Delight – laut Mispelkamp „eine Mischung aus Clooney und Glööckler“ – vor einer dicht am Viereck stehenden Fernsehkamera zurückgezuckt. Die Reiterin reagierte und umrundete das Viereck in der anderen Richtung. Diese „Schrecksekunde“ blieb nicht ohne Folgen. „Ich bin danach nicht ganz die Ideallinie geritten. Aber ich dachte: besser so als dass er umspringt oder wegspringt“, erklärte Mispelkamp. „Ich bin schon ein bisschen enttäuscht über diese Wertung. Vom Gefühl dachte ich, dass es so 73 oder 74 Prozent waren.“

Am Ende des Mannschafts-Wettbewerbs standen für die deutsche Equipe 221,273 Prozent und ein sechster Platz zu Buche, der dem Team die Teilnahme an den Paralympischen Spielen in Paris 2024 sichert. Weltmeister wurde zum zweiten Mal nach 2018 die Niederlande, die bereits vor dem Ende der letzten Prüfung mit 230,225 Punkten unerreichbar vorne lagen. Gastgeber Dänemark gewann knapp dahinter Silber (229,751). Die Bronzemedaille ging an die USA (225,335). „Das ganze Team hat sich ins Zeug gelegt. Ich wusste, dass sie das können, aber es muss erstmal auch geritten werden“, freute sich Bundestrainer Bernhard Fliegl.

Alle vier deutschen Paare waren dank ihrer guten Ergebnisse für den abschließenden Kür-Wettbewerb der besten acht Paare am Sonntag qualifiziert. Vor allem am letzten Wettkampftag der Weltmeisterschaften bewiesen die deutschen Reiterinnen noch einmal, dass in Zukunft mit ihnen zu rechnen ist. Mit den beiden vierten Plätzen von Heidemarie Dresing und Regine Mispelkamp und einem fünften Rang durch Anna-Lena Niehues gelang ihnen in der BB Horse Arena in Herning ein positiver WM-Abschluss.

In Grade IV ritt Niehues auf Quimbaya trotz zweier kleinerer Fehler zu 74,4 Prozent – das ließ erahnen, was bei einem fehlerfreien Vortrag möglich gewesen wäre. „Das Pferd braucht jetzt ein bisschen Pause nach der WM, und dann werden wir wieder einsteigen ins Training und schauen, wo die Reise hingeht“, sagte die 37-Jährige.

Dresing startete in Grade II wie schon bei den Paralympics zu einer „Pretty Woman“-Kür und erzielte damit als Viertplatzierte 73,454 Prozent. Gianna Regenbrecht hingegen erlebte einen Schreckmoment auf ihrem Hengst Fürst Sinclair, der den Status-Quo-Song „Rocking all over the World“ offenbar zu wörtlich nahm, losgaloppierte und seiner inkomplett querschnittgelähmten Reiterin einiges abverlangte. „Es war ganz knapp davor, dass Fürst Sinclair einmal richtig losgeschossen wäre“, sagte die Reiterin aus Münster, die dadurch am Ende des Klassements landete. „Ich weiß zwar nicht, was er gesehen hat, aber es hat ihn so aus dem Konzept gebracht, dass er sich gar nicht wieder eingekriegt hat. So lief die Hälfte der Prüfung gar nicht wie geplant.“

Dafür lieferte als letzte deutsche Starterin die Geldernerin Regine Mispelkamp in Grade V in der Kür ihr bestes Ergebnis ab. Bis auf ein versehentliches Angaloppieren konnte die Pferdewirtschaftsmeisterin ihre Kür, deren Linien sie für Herning etwas überarbeitet hatte, wie geplant zeigen und wurde mit 77,060 Prozent und Platz vier belohnt.

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