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Goldener Samstag bei der Para Schneesport-Weltmeisterschaft in Lillehammer (Norwegen): Erst sicherte sich Anja Wicker trotz eines Schießfehlers in einem wahren Biathlon-Krimi Gold, dann feierte Anna-Lena Forster im Super-G bereits ihren zweiten WM-Titel.

„Bestes Rennen“: Wicker in Herzschlagfinale zu Gold
 
Trotz eines Schießfehlers rettet die Para Biathletin vom MTV Stuttgart bei der WM in Lillehammer einen Vorsprung von 1,6 Sekunden vor der favorisierten US-Amerikanerin Oksana Masters ins Ziel.  Bundestrainer Ralf Rombach hatte vorerst nur ein Wort übrig: „Wahnsinn!“ Mit diesem Ausruf grüßte er die frisch gebackene Sprint-Weltmeisterin in der sitzenden Klasse, Anja Wicker, während die 30-Jährige mit ihrem Atem rang – und mit ihrer Fassung. „Das ist komplett verrückt“, sagte die Stuttgarterin. Rombach sprach später vom „physisch besten Rennen, was man bisher von ihr gesehen hat“.
 
Die Gefühle waren verständlich angesichts eines Rennens mit Herzschlagfinale. Über die sechs Kilometer lieferten sich die Titelverteidigerin Masters und Wicker einen packenden Zweikampf, der nach dem zweiten Schießen an Dramatik zunahm – weil die Deutsche den letzten Schuss daneben setzte. „Danach habe ich befürchtet, dass es nicht mehr reichen wird“, gab Rombach zu – und täuschte sich. Auf der finalen Runde schmolz der Vorsprung seiner Athletin gegenüber Masters, die zuvor dreimal in die Strafrunde hatte gehen müssen, zwar bedrohlich. Mit kräftigen Armstößen rettete Wicker aber noch 1,6 Sekunden ins Ziel.
 
„Ich wusste, dass es knapp war und dass ich auf Podiumskurs bin, aber ich wusste vor lauter Anstrengung die ganze Zeit nicht, dass es um Platz eins geht. Das wurde mir erst auf den letzten 50 Metern klar“, verriet die Glücksstrahlende, für die es die zweite Goldmedaille bei Para Weltmeisterschaften war. Die erste hatte sie 2017 bei der Heim-WM in Finsterau über 12,5 Kilometer geholt.
 
Fleig mit einem Fehler auf Rang fünf
 
Ebenfalls einmal beim zweiten Schießen daneben schoss Martin Fleig, der bei den Männern sitzend auf Rang fünf kam. „Selbst mit der Null hätte es vermutlich nicht aufs Podest gereicht. Ich mache auf der Runde noch zu viele taktische Fehler“, sagte er.
 
Bei den Männern stehend sorgte Marco Maier für Aufsehen, als er nach dem ersten Schießen nur 1,8 Sekunden hinter dem späteren Weltmeister Vladislav Lekomtchev lag. „Die erste Runde war richtig stark. Ich wollte schnell angehen und habe das auch geschafft“, sagte er. Dann jedoch warfen ihn Krämpfe in den Sprunggelenken zurück. „Ich konnte meine Ski nicht mehr kontrollieren.“ Zwei Schießfehler kamen hinzu – am Ende stand ein elfter Platz für den 22-Jährigen zu Buche. „Er kann trotzdem viel Positives von diesem Rennen mitnehmen“, fand der Bundestrainer. Alexander Ehler wurde Neunter. „Es war mein erster Start in diesem Winter. Ich bin zufrieden“, sagte er.
 
Bei den Frauen mit Sehbeeinträchtigung kam die erst 15-jährige Linn Kazmaier mit Guide Florian Baumann trotz eines Schießfehlers auf Rang sechs – als beste nicht-russische Athletin. „Das lief richtig gut. Wir hatten mega gute Ski“, resümierte sie. „Von Anfang bis Ende richtig stark“, bewertete Ralf Rombach Kazmaiers Leistung. „Einen Fehler kann man ihr zugestehen.“
 
Die weiteren Deutschen Leonie Walter (mit Guide Pirmin Strecker), Vivian Hösch (mit Guide Florian Grimm) und Johanna Recktenwald (mit Guide Valentin Haag) kamen auf die Ränge neun, elf und zwölf. Während sich Leonie Walter und die an einer Oberschenkelprellung laborierende Johanna Recktenwald zufrieden äußerten, haderte Vivian Hösch. „Ich habe nicht reingefunden“, sagte die 30-Jährige, die ebenfalls noch mit den Folgen eines Trainingssturzes kämpft.
 
Bei den Männern mit Sehbeeinträchtigung kosteten Nico Messinger (mit Guide Robin Wunderle) drei Schießfehler eine bessere Platzierung als Rang 15. „Das war kein gutes Rennen. Morgen auf ein Neues“, sagte er im Hinblick auf das Biathlon-Rennen über die mittlere Distanz am Sonntag.

Para Doppel-Gold: Forster ist die Speed-Königin von Lillehammer
 
Anna-Lena Forster hat nach Gold in der Abfahrt auch im Super-G gewonnen und damit ihren zweiten WM-Titel in den Speed-Disziplinen von Hafjell gefeiert. „Ich freue mich darüber, auch wenn ich mit meiner Fahrt nicht ganz zufrieden bin - aber heute ging es darum, überhaupt mal runterzukommen“, sagte Forster, deren Konkurrenz reihenweise auf der schwierigen Strecke stürzte: „Die Sicht war schlecht, die Piste ist bumpy an manchen Stellen.“
Nun ist die 26-Jährige bereits Doppel-Weltmeisterin und hat noch weitere Chancen, schließlich zählt sie auch in der Super-Kombination und im Slalom als Paralympicssiegerin als Favoritin, im Riesenslalom dürfte sie auch beste Chancen auf eine Medaille haben. „Zwei Mal Weltmeisterin hört sich cool an - und mal schauen, was die nächsten Tage noch bringen, die technischen Disziplinen liegen mir“, sagte Forster vor dem Ruhetag für die Alpinen und warnte mit Blick auf die Paralympics, die Ergebnisse nicht überzubewerten: „Die Japanerin ist nicht hier, die sonst meine größte Konkurrentin ist und in Peking sind auch noch starke Chinesinnen am Start. Aber für den Moment bin ich einfach happy, dass die WM stattfinden kann und ich hier am Start sein darf.“
 
In der stehenden Klasse verpassten die deutschen Frauen den Sprung aufs Podest. „Ich bin nicht ganz zufrieden, weil ich nicht an den Abfahrtslauf anknüpfen konnte und mich ein bisschen unsicher gefühlt habe auf den Skiern“, sagte Andrea Rothfuss, die wie am Vortag Platz vier belegte. Die 32-Jährige ist aber weiter optimistisch: „Jetzt muss ich in der Super-Kombi eine Schippe drauflegen und dann kommt mit dem Riesenslalom meine Lieblingsdisziplin, das passt.“ Anna-Maria Rieder, die am Vortag in der Abfahrt nicht startete, hatte sich ebenfalls mehr als Platz sechs im Super-G erhofft, doch auch die Stärken der 21-Jährigen liegen eher auf den technischen Disziplinen in der zweiten WM-Woche.
 
Leander Kress, der in der Abfahrt noch Platz 20 belegt hatte, wurde in der stehenden Klasse der Männer 25. „Die Abfahrt war mega cool, im Super-G habe ich mich sau schwer getan. Es waren viele Schläge in der Piste, das ist mit einem Bein noch mal schwerer und das war eine große Herausforderung“, sagte der 20-Jährige, für den es die erste WM ist: „Jetzt kommen die technischen Disziplinen, das habe ich schon mehr trainiert und da hoffe ich vielleicht sogar auf ein Top-15-Ergebnis.“
 
Nach drei Wettkampf-Tagen bei der Para Schneesport-WM hat das deutsche Team drei Gold- und eine Bronzemedaille. Bereits am Donnerstag hatte Anja Wicker auf der Langlauf-Mitteldistanz überraschend Rang drei belegt. Am Freitag gewann Anna-Lena Forster Gold in der Abfahrt. Am morgigen Sonntag steht für das Para Ski nordisch-Team die Biathlon-Mitteldistanz auf dem Programm, bei dem Anja Wicker erneut gute Aussichten auf eine Medaille haben dürfte.
 
Die Para Schneesport-WM in Lillehammer ist die erste zusammengelegte Weltmeisterschaft mit den Sportarten Para Ski alpin, Para Ski nordisch und Para Snowboard. 30 Athletinnen und Athleten aus Deutschland kämpfen vom 13. bis 23. Januar 2022 um die Medaillen.
 
Weitere Informationen und Ergebnisse rund um die Para Schneesport-WM gibt's hier.

Quelle: Nico Feißt/Ben Schieler

 
Kader Para Ski alpin:
Noemi Ristau (30, Großostheim, SSG Blista Marburg), Paula Brenzel (22, Bad Hersfeld, Ski Gemeinschaft Kreis Rotenburg), Andrea Rothfuss (32, Freudenstadt, VSG Mitteltal), Anna-Lena Forster (26, Singen, BRSV Radolfzell), Anna-Maria Rieder (21, Garmisch-Partenkirchen, RSV Murnau), Christoph Glötzner (18, Neumarkt in der Oberpfalz, RBA im ASV 1860 Neumarkt), Leander Kress (20, Friedberg, TSV Friedberg), Luisa Grube (20, Göttingen, SSG Blista Marburg), Luca Traichel (16, München, SC Garmisch), Isabell Thal (22, TSV Kareth-Lappersdorf), Maximilian Körner (30, Garmisch-Partenkirchen, SC Partenkirchen).
 
Kader Para Ski nordisch:
Alexander Ehler (52, Leninogorsk (Kasachstan), SV Kirchzarten), Martin Fleig (32, Freiburg, Ring der Körperbehinderten Freiburg), Patrik Fogarasi (46, Dresden, SV Kirchzarten & WSC Oberwiesenthal), Florian Grimm (37, Kempten, SSV Niedersonthofen), Valentin Haag (21, Kirchzarten, SV Kirchzarten), Vivian Hösch (30, Freiburg, SV Kirchzarten), Marco Maier (22, Oberstdorf, SV Kirchzarten), Merle Menje (17, Mainz, StTV Singen), Nico Messinger (27, Freiburg, Ring der Körperbehinderten Freiburg), Johanna Recktenwald (20, St. Wendel, Biathlon Team Saarland), Pirmin Strecker (19, Kirchzarten, SV Kirchzarten), Leonie Walter (17, Freiburg, SC St. Peter), Anja Wicker (30, Stuttgart, MTV Stuttgart), Robin Wunderle (23, Freiburg, SC Todtnau), Linn Kazmaier (15, Oberlenningen, SZ Römerstein), Florian Baumann (20, Beuren, SZ Uhingen).
 
Kader Para Snowboard:
Christian Schmiedt (32, Backnang, SV Germering), Matthias Keller (40, Sigmaringen), Manuel Ness (31, Ochsenhausen, SV Germering).

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